Die Qualität macht den Ertrag -Bericht vom 4. Kapitalmarkttag des Bankhauses Hauck & Aufhäuser- von Thomas Seidel

Michael Bentlage begrüßt die Teilnehmer zum 4. Kapitalmarkttag in Frankfurt
von Hauck & Aufhäuser
(Quelle: Thomas Seidel)

Das Interesse an der Tagung wächst. Die vor allem an Vermögensberater gerichtete Veranstaltung hat noch einmal gut zwanzig Prozent mehr Teilnehmer dazu gewonnen. Das liegt sowohl an der Qualität der Sprecher, wie auch der guten Gelegenheit zu einem persönlichen Austausch. Aus den Vorträgen wird deutlich, trotz Niedrigzinsumfeld lassen sich immer noch passable Renditen erwirtschaften. Doch ist mehr Umsicht gefordert als jemals zuvor.

Für das Bankhaus Hauck & Aufhäuser konnte der CEO Michael Bentlage gute Aussichten für das Jahr 2017 attestieren. Es wird wohl das beste Jahr für die Bank seit der Finanzkrise. Im Service sei man um zwanzig Prozent gewachsen. Im Handel mit kleinen börsennotierten Unternehmen (small-caps) sei man in Deutschland inzwischen die Nummer Eins. Kleine Anekdoten erzählte Bentlage aus China, dem Heimatland des Eigentümers Fosun. Man habe dort den Willen, das Bankhaus weiter zu entwickeln.

Prof. Dr. Otmar Issing
(Quelle: Thomas Seidel)
Erstaunlich war die persönliche Kehrtwende, die der Key-Note-Speaker Prof. Dr. Otmar Issing in seiner Rede vollzog. Der ehemalige und erste Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), heute Präsident des Center for Financial Studies, gilt als der Erfinder jener „Knapp-unter-2-Prozent-Marke“ für das offizielle Inflationsziel der EZB, wie es deren Präsident Mario Draghi seit Jahren bis zur Grenze des Erträglichen immer wieder gebetsmühlenartig von sich gibt. Issing wendet sich geradezu von diesem Dogma ab. Ein deflationäres Risiko habe beim Euro zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die heutige Interpretation des Inflationsziels sei absurd. Es gäbe inzwischen große Schwierigkeiten die Preisentwicklung richtig zu messen. Auch die noch amtierende Präsidentin des amerikanische Federal Reserve Systems sage, man verstehe nicht, warum trotz steigendem Wirtschaftswachstum die Inflation nicht anziehe.

Auch wenn es inzwischen eine europäische Bankenaufsicht gäbe, eine gemeinsame Abwicklungsregelung für gescheiterte Banken stehe in Europa noch aus. Doch bleibt Issing skeptisch, ob im Falle einer Bankinsolvenz der Steuerzahler als Garant aussen vor gelassen werden könne. Die Einrichtung einer europäischen Einlagensicherung setze erst die vollständige Bereinigung aller Altlasten bei allen europäischen Banken voraus. Ansonsten käme es zu einer Enteignung der deutschen Sparer.

Die Tagung war sehr gut besucht
(Quelle: Thomas Seidel)
Auch wenn Issing die politische Innovationskraft des neuen französischen Präsidenten Emmanuelle Macron und dessen Persönlichkeit bewundert, an dessen Reformvorschlägen übt er harsche Kritik. Der Stabilitätspakt, wie er einmal angedacht war, sei von keiner europäischen Regierung je eingehalten worden. Die Franzosen stellen sich einen europäischen Finanzminister als Jemanden vor, der sein Budget ausgibt. Die Deutschen dagegen hätten lieber einen knauserigen Aufpasser. Solche Pläne scheiterten an einer angemessenen demokratischen Legitimierung. Dazu müsse es zuerst eine tatsächliche europäische Verfassung geben. Die EZB habe etwas geliefert, was die Politik versprochen habe, einen stabilen Euro. Issing ist sich sicher, der Euro wird bleiben und nicht in einer Hyperinflation untergehen.

Burkhard Allgeier Hauck & Aufhäuser
(Quelle: Thomas Seidel)
Weitaus sachlicher ging es dann in den Impulsvorträgen zu. Es begann Burkhard Allgeier Chief Investment Officer Hauck & Aufhäuser mit einem Vortrag unter dem Motto: Mutlose Notenbanken – Kraftlose Aktienmärkte. Auch Allgeier kritisiert die gegenwärtige Interpretation des offiziellen Inflationsziels. Dafür gäbe es keine wissenschaftlich fundierte Theorie. Die Beurteilung der Inflation unterliege der Willkür der Notenbanken. Unter normalen Umständen würde es 2018 nicht zu einem nennenswerten Zinsanstieg kommen. Die Zentralbanken betreiben eine Politik der ruhigen Hand. Die voraussichtliche Entwicklung an den Aktienmärkten betitelt Allgeier mit „short term gain – long term pain“. Allgeier rechnet langfristig mit eher sinkenden Renditen an den Aktienmärkten.

Aus dem Vortrag von Burkhard Allgeier Hauck & Aufhäuser
(Quelle: Hauck & Aufhäuser)


Refinanzierungsarten für Baufinanzierungen in Europa
(Quelle: European Mortgage Federation, Institut für Kapitalmarkt GmbH)

Die Niedrigzinsphase bleibt, Aktien seien wichtig für eine Portfolio. Das ist die Quintessenz zur Lage von Oliver Werner, Co-Investmentmanager beim Institut für Kapitalmarkt GmbH. In seinem Vortrag macht Werner noch die Unterschiede bei Baufinanzierungen in Europa deutlich .Viele Länder würden solche Kredite variabel und kurzfristig refinanzieren. Das bedeutet immer ein Zinsänderungsrisiko einzugehen. Vorausgesetzt natürlich, dass sich die Zinsen überhaupt wieder einmal ändern.

Günther Kastner C-Quadrat Asset Management GmbH
(Quelle: Thomas Seidel)
Eine ganz andere Assetklasse, in der noch auskömmliche Renditen erzielt werden könnten, stellt Günther Kastner CIO C-Quadrat Asset Management GmbH vor. Es handelt sich um Microfinanzprodukte. Das eigentlich nicht neue, und so seit 200 Jahren vor allem von Sparkassen und Raiffeisen- und Volksbanken betriebene, Modell der Klein- und Kleinstkredite habe derzeit weltweit ein Volumen von 100 Mrd. Dollar und müsste um 300 Mrd. Dollar erweitert werden. Bei einer Ausfallquote von einem Prozent sei diese Anlageklasse insofern interessant, weil sie eine stabile Entwicklung abseits weltkonjunktureller Strömungen erlaube.


Francesca Boucard Swiss Life Asset Management AG
(Quelle: Thomas Seidel)
Auch wenn Francesca Boucard Economist Real Estate bei Swiss Life Asset Management AG lieber vom prallen und saftigen „cherrypicking“ als vom verschrumpelten „Rosinenpicken“ spricht, wie man das Beste aus einer Immobilie heraus holt, bestimmen immer noch vor allem die Region und die Lage des einzelnen Objekts. Heute sei die Erreichbarkeit und die Qualität eines Objekts auf dem Büromarkt entscheidend. Für Verkaufsflächen gelte: Der stationäre Einzelhandel wird nicht aussterben, er würde immer mehr zu einem Erlebnisort. Einkaufen, Entspannen und virtuell unterwegs sein, das wäre eine zeitgemäße Mischung. Das sich verändernde Verhalten der Menschen, würde Wohnen, Arbeiten und Einkaufen immer mehr angleichen.

Podiumsrunde der Vortragenden
(Quelle: Thomas Seidel)

In einer Podiumsdiskussion geht Burkhard Allgeier noch einmal auf die Arbeit der Zentralbanken ein. Die Politik der Zentralbanken bei der Geldmarktsteuerung sei kaum nachvollziehbar. Früher hätte man versucht die Geldmenge zu steuern, heute wäre man fixiert auf ein Inflationsziel. Doch seien beide Größen ökonomisch kaum messbar. Es gäbe so viele Güter, die sich einer Inflationsmessung entziehen. Allgeier schlägt vor, langfristig die Kompetenzen der Zentralbank zu beschneiden. Beispielsweise auf ihre Funktion als Finanzaufseher und noch viel mehr als Garanten eines funktionierenden Zahlungsverkehrs.


Kommentar: Alle Beiträge der Veranstaltung zeichnen mehr oder weniger deutlich Veränderungen an, die sich bereits am Horizont abzuzeichnen beginnen. Ein weiter so wie bisher scheint nicht mehr lange gut gehen zu können. Patentrezepte, auch nur für die nahe Zukunft, kann aber auch niemand vorlegen. Was bleibt, ist der dringende Appell zu erhöhter Aufmerksamkeit. Aktuell zeigt sich, schon sicher geglaubte Lösungen können über Nacht ganz schnell kippen.

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